NW/3: Kollektive Informationsverarbeitung – Von individueller sensorischer Verarbeitung zum Schwarmverhalten und kollektiven Entscheidungsprozessen
Das Hauptziel des Projektes ist die Entwicklung und Untersuchung neuer individuum-basierter mathematischer Modelle für Schwarmverhalten, die explizit den proximaten Mechanismus der sozialen Interaktion - die sensorische Wahrnehmung - mit beschreiben. Dieser Ansatz repräsentiert einen Paradigmenwechsel gegenüber den bisher vorherrschenden mathematischen Modellen kollektiver Bewegung, die auf Interaktionen von Agenten über sogenannte soziale Kräfte basieren. Diese Modelle beschränken sich oft auf Modellierung bestimmter experimenteller Beobachtungen über eine entsprechende Wahl von Wechselwirkungen und Parametern, haben aber oft nur eingeschränkte Vorhersagekraft im Bezug auf Änderungen des experimentellen Systems. Ein möglicher Grund hierfür ist, dass die angenommenen paarweisen Wechselwirkungen bisher nur unzureichend die sensorische Wahrnehmung von Individuen berücksichtigen. An dieser Stelle setzt unser Modellierungsansatz an. Wir planen eine systematische Untersuchung der Möglichkeiten und Einschränkungen von sensorischer Wahrnehmung beim Informationstransfer innerhalb von Schwärmen um so unser Verständnis von kollektiven Verhalten in der Natur zu verbessern und mathematische Modelle mit besserer Vorhersagekraft zu entwickeln. Das Projekt hat einen Schwerpunkt auf Modellierung, mathematische Analyse und numerischen Simulationen, soll aber gleichzeitig mit empirischen Untersuchungen an zwei experimentellen Modellorganismen verknüpft werden: Wüstenheuschrecken und Fische (Guppies/Golden Shiners). Das Forschungsvorhaben ist dazu in zwei Teile gegliedert: (I) Entstehung von kollektiver Bewegung durch visuelle Wahrnehmung, und (II) Kollektive Entscheidungsprozesse unter sensorischen Einschränkungen. Im ersten Teil sind Heuschrecken das primäre experimentelle System, und das langfristige Ziel ist die Entwicklung eines mathematischen Modells, das explizit die neuronale Verarbeitung von sozialen visuellen Stimuli mit einbezieht. Der zweite Teil legt hingegen den Schwerpunkt auf biologisch funktionelles Verhalten im Sinne kollektiver Entscheidungsprozesse anhand von Fischen als Modellorganismus. Hier ist die zentrale Forschungsfrage, wie robuste, nahe-zu optimale kollektive Entscheidungen unter sensorischen Einschränkungen zu Stande kommen können.
Mittelgeber
Laufzeit
Projektstart: 11/2020
Projektende: 10/2021
Forschungsbereiche