Burst-Feuern im Präsubikulum und die visuelle Verankerung vestibulärer Signale


Woher kommen wir und wohin gehen wir? Unser Orientierungssinn kombiniert verschiedene sensorische Wahrnehmungen mit unserem Wissen über bekannte Orte. Die Hirnregionen, in denen diese Richtungsinformationen verarbeitet werden, stehen in enger Verbindung mit jenen Regionen, die für das episodische Gedächtnis zuständig sind. Visuelle Informationen sind für unser Orientierungsvermögen wichtig, aber die neuronalen Mechanismen, die unser Richtungsempfinden in der Umwelt verankern, sind unklar. Im Mittelpunkt unseres Projekts steht das Präsubikulum, eine zentrale Schaltstelle unseres Navigationssystems. Die Nervenzellen des Präsubikulums funktionieren als sogenannte Kompasszellen. Ein Richtungssignal wird im Mamillarkörper im Hypothalamus aus vestibuläre Informationen generiert. Dieses Richtungssignal erreicht dann die anterioren Kerne des dorsalen Thalamus und wird von dort in das Präsubikulum übertragen. Die Aktivität aller Kompasszellen zusammen bildet ein kohärentes Ensemble, das durch visuelle Orientierungspunkte verankert ist. Das Präsubikulum sendet Informationen zu verschieden Zielregionen; unser Interesse gilt besonders den Pyramidenzellen der Schicht 4 des Präsubikulums, die vermutlich für die Rückkopplung zum Mamillarkörper verantwortlich sind, und die sich durch Burst-Feuern auszeichnen. Unser Projekt verfolgt die Idee, dass diesem besonderen Feuerungsmuster („bursting“) eine Schlüsselfunktion bei der Verankerung des Orientierungsinns zukommt. In einer bilateralen Zusammenarbeit zwischen Paris und Berlin möchten wir herausarbeiten, wie Neurone und neuronale Netzwerke dynamisch interagieren, um ein visuell verankertes Richtungssignal zu produzieren. Dazu führen wir Einzelzellableitungen in vivo in Kombination mit Verhaltensstudien durch, und untersuchen ausserdem die Dynamik von präsubikularen synaptischen Verbindungen im Hirnschnitt. Wir fragen: (1) Sind die präsubikularen Neurone der Schicht 4 tatsächlich verantwortlich für die Rückkopplungsverbindung im neuronalen Navigationssytem? (2) Welche zellulären Mechanismen und Eigenschaften des Mikroschaltkreises führen zum „Burst“-feuern in den Neuronen der Schicht 4? (3) Welche Information wird in den „Bursts“ kodiert? (4) Sind „Bursts“ ein notwendiges Feuerungsmuster, um das Kompasssignal visuell zu verankern?(5) Trägt die Kurzzeitdynamik der Synapsen dazu bei, das hochfrequente Rückkopplungssignal zu dekodieren? Unser Vorhaben unterscheidet sich von früheren Studien dadurch, dass wir anspruchsvolle in vivo Einzelzellableitungen mit opto- und chemogenetischen Methoden und Untersuchungen von Synapsen kombinieren, um die Integration von visuellen und vestibulären Signalen aufzuklären. Durch die enge Zusammenarbeit der beiden Labors mit komplementären Kompetenzen können wir Brücken schlagen von zellulären und synaptischen, bis hin zu integrativen Neurowissenschaften.


Projektleitung
Brecht, Michael Prof. Dr. (Details) (Tierphysiologie / Systemneurobiologie und Neural Computation)

Mittelgeber
DFG: Sachbeihilfe

Laufzeit
Projektstart: 04/2019
Projektende: 03/2022

Forschungsbereiche
Kognitive Neurowissenschaft, Neurowissenschaften, Systemische Neurowissenschaft, Computational Neuroscience, Verhalten

Forschungsfelder
Neurowissenschaften

Zuletzt aktualisiert 2024-20-03 um 05:30