Industriepolitik in Japan während des Nachkriegsbooms. Wirtschaft, Staat und internationaler Technologietransfer 1955-1973 (DFG)


Hauptziel dieses Projekts ist es, die Implementierung der Industriepolitik des japanischen Ministeriums für Internationalen Handel und Industrie (engl.: MITI) während der Hochwachstumsphase (1955-1973) aus Perspektive der Marktakteure zu analysieren. Dabei orientieren wir uns an drei Problemen der Forschung, die diese neue Perspektive erforderlich machen:
(1) Zur Umsetzung seiner Industriepolitik bediente sich MITI hauptsächlich informeller Methoden, die unter der Bezeichnung administrative Lenkung bekannt sind. Da die Anwendung dieser Methoden nicht offiziell dokumentiert wurde und häufig mündlich erfolgte, sind Primärquellen, die sie detailliert beschreiben, selten. Aus diesem Grund ist bisher kaum erforscht worden, wie Industriepolitik auf der Mikroebene realisiert wurde.
(2) Traditionell betrachten Forscher Industriepolitik auf höheren Analyseebenen, wie etwa der Volkswirtschaft oder einzelner Branchen. Zudem stützen sie sich überwiegend auf Quellen, die außerhalb des Unternehmenskontexts entstanden sind, in dem MITI-Beamte sie implementierten. Daher ist die Frage, welche Rolle Firmen und ihre Mitarbeiter für die Umsetzung von Industriepolitik tatsächlich spielten, bislang vernachlässigt worden.
(3) Es gibt in der Forschung keine Übereinstimmung darüber, was die japanische Industriepolitik im Kern ausmachte. Unterschiedliche Konzeptionen führen jedoch dazu, dass ihre Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum sehr unterschiedlich bewertet werden. Dieser Umstand lässt sich u.a. darauf zurückführen, dass Wissenschaftler informelle Verwaltungsmethoden und Firmenverhalten bei der Definition des Begriffs nicht ausreichend berücksichtigen.
Wir haben in Unternehmensarchiven interne Dokumente entdeckt, die eine quellengestützte Untersuchung der ersten beiden Probleme ermöglichen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden wir im Anschluss für eine Neukonzipierung der Industriepolitik Japans nutzbar machen. Dieser Ansatz versetzt uns in die Lage, den Beitrag MITIs zum japanischen Wirtschaftswunder neu zu bewerten.
Unsere Kernhypothese ist, dass dieser Beitrag nicht in der direkten Anwendung formaler oder informeller Politikinstrumente, sondern vielmehr in der indirekten und geschickten Manipulation der Erwartungen und Präferenzen einzelner Marktakteure zu finden ist. Aufgrund der zentralen Bedeutung ausländischer Technologie für Japans Wachstum, konzentrieren wir uns auf Maßnahmen des MITI, die der Forcierung des Technologietransfers dienten.

Projektleitung
Nützenadel, Alexander Prof. Dr. (Details) (Sozial- und Wirtschaftsgeschichte)

Mittelgeber
DFG: Sachbeihilfe

Laufzeit
Projektstart: 11/2018
Projektende: 03/2024

Zuletzt aktualisiert 2023-07-06 um 07:05