Wissenschaftsgeschichte in Südosteuropa


Wissenschaftsgeschichte in Südosteuropa
Das Vorhaben geht aus der bisherigen Forschungsarbeit von Frau Trubeta zur anthropologischen Wissenschaft und Eugenik bzw. zum biologistischen Denken und dessen Anwendung in den Humanwissenschaften hervor. „Wissenschaft“ wird demnach aus einer doppelten Perspektive betrachtet: als Quelle und zugleich als Anwendungsbereich eugenischen und biologistischen Denkens.
Bei der Studie handelt es sich um Kriminalbiologie als epistemologisches Paradigma und einen wissenschaftlichen Vernetzungstopos mit einem Fokus auf dem griechischen Fallbeispiel. Somit konzentriert sich die Fragestellung auf drei analytische Ebenen:
• auf die Inhalte der Kriminalbiologie als wissenschaftliches Paradigma,
• auf die den Ideentransfer befördernde Netzwerkbildung zwischen Wissenschaftlern,
• auf die möglichen Umsetzungen bzw. die Umsetzungsprojekte des kriminalbiologischen Gedankenguts in gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen.
Kriminalbiologie als Forschungsfeld und politisches Programm ist ein Phänomen des 20. Jahrhunderts und entstand aus der Kriminalanthropologie des 19. Jahrhunderts. Über einen relativ langen Zeitraum war die Kriminalbiologie eher im deutschen Kontext erforscht, und zwar im Bezug auf die Weimarer Republik, insbesondere aber während des Nationalsozialismus. Im letzten Jahrzehnt richtet sich der Fokus der Forschung zunehmend auf andere europäische und z. T. nicht europäische Länder. Für die südosteuropäische Region sind bisher nur sporadische Informationen zur Kriminalbiologie und deren Verfechter vorhanden. Dabei handelt es sich vornehmlich um Informationen am Rande von Studien zur Eugenik oder/und physischen Anthropologie in einzelnen südosteuropäischen Ländern.
Die Studie bettet das griechische Fallbeispiel zunächst in den allgemeinen Kontext der Erforschung der Kriminalbiologie ein. Ferner untersucht sie seine mögliche Einordnung in das südosteuropäische Wissenschaftsparadigma (soweit der aktuelle Stand der Forschung dies erlaubt). Somit stehen zwei Analyseebenen im Vordergrund:
(a) wie internationale/europäische wissenschaftliche Netzwerke eine institutionsstiftende Wirkung auf einzelne Länder haben;
(b) der spezifische sozialpolitische und wissenschaftsinstitutionelle Rahmen, innerhalb dessen international/europaweit verbreitete biologistische Ideen umgesetzt werden.
Wie erfolgreich war aber dieses Unternehmen im Sinne der tatsächlichen Involvierung ihrer Träger im institutionellen Netzwerk? Und vice versa, welche Rückwirkung hatte die Institutionalisierung der Kriminalbiologie auf den griechischen Wissenschaftsbetrieb? Bauten die Initiatoren auf eine vorbestehende Tradition auf? Mit anderen Worten: Hatte die „Biologisierung der Kriminologie“, die im späten 19. und vor allem in den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts Einzug hielt, innerhalb der griechischen Kriminologie bereits eine eigene Tradition gegründet? Wie standen die Anhänger der unterschiedlichen politischen Strömungen, wie z.B. der liberalen Partei, dazu?

Principal investigators
Voß, Christian Prof. Dr. (Details) (South Slavic Languages and Cultures)

Financer
DFG: Sachbeihilfe

Duration of project
Start date: 09/2010
End date: 08/2011

Last updated on 2022-08-09 at 15:08