Zur Gedächtnisstruktur arithmetischen Faktenwissens und seiner Wechselwirkung mit der numerischen Größenrepräsentation
Obwohl elementare mathematische Konzepte (z.B. Multiplikation) zu den grundlegenden Kenntnissen moderner technologischer Gesellschaften gehören, weisen etwa 5% der Population Schwierigkeiten im Erlernen mathematischer Fähigkeiten auf. Das illustriert die Notwendigkeit der Erforschung der kognitiven Mechanismen, die uns die Aneignung und das Verständnis mathematischen Wissens erlauben. Das Ziel dieses Projekt ist es, das Verständnis einer der wesentlichen Komponenten mathematischer Kognition zu verbessern: dem Gedächtnissystem, welches maßgeblich ist für die Speicherung von arithmetischen Fakten (z. B. 4x3) und seiner Wechselwirkung mit der numerischen Größenrepräsentation. Es wird angenommen, dass mathematische Fähigkeiten und Konzepte im approximativen Zahlensystem (approximative number system = ANS) verankert sind – einer analogen Größenrepräsentation numerischer Größen. Das ANS wiederum ist konzeptualisiert als ein räumlich orientierter mentaler Zahlenstrahl. Es bleibt offen, wie und in welchem Ausmaß das ANS tatsächlich den Abruf arithmetischer Fakten beeinflusst. Dieses Projekt beabsichtigt die Untersuchung (1) der internen Struktur des arithmetischen Faktengedächtnisses und (2) seiner funktionalen Beziehung zum ANS. Zu diesem Zweck werden wir die Vorhersagen zweier aktueller Modelle testen, welche Aussagen über den Aufbau dieses Gedächtnissystems machen. Das Asymmetrische Interferenz Modell, ein Vorschlag der Antragsteller, nimmt an, dass arithmetische Fakten in Form eines semantischen Netzwerks repräsentiert sind. Die komprimierte Metrik des ANS (d.h. dass das Ausmaß der Überlappung zwischen den Repräsentationen zweier benachbarter Zahlen mit zunehmender Größe dieser Zahlen ansteigt) beeinflusst den Abrufprozess innerhalb des arithmetischen Faktengedächtnisses. Dem gegenüber geht das Interaktive Nachbarn-Modell davon aus, dass das arithmetische Faktengedächtnis durch Merkmale der kulturell determinierten Zahlensyntax geprägt wird. Genauer nimmt man an, dass innerhalb dieses Gedächtnissystems das Ergebnis einer Aufgabe komponentenweise und der Syntax des Basis-10 Systems folgend repräsentiert ist (z.B. die Zahl 21 bedeutet 2 Zehnerstellen und 1 Einerstelle). Nach diesem Modell ist die Struktur des arithmetischen Faktengedächtnisses also (a) durch die (arbiträre) Syntax des symbolischen Zahlensystems geformt und (b) der Abruf nicht durch die semantische Größenrepräsentation beeinflusst.Mithilfe von vier Verhaltensexperimenten und einem Elektroenzephalographie-Experiment sollen die die zwei Modelle kritisch überprüft werden, indem die jeweiligen Vorhersagen anhand der behavioralen Leistung und elektrophysiologischer Daten (d.h. ereigniskorrelierte Potentiale) während des Lösens von Multiplikationsaufgaben getestet werden. Die Ergebnisse aus diesem Projekt erlauben die Entwicklung eines genaueren Verständnisses der Prozesse des arithmetischen Faktenabrufs und eine ausführlichere Beschreibung der internen Struktur dieses Gedächtnissystems.
Mittelgeber
Laufzeit
Projektstart: 03/2018
Projektende: 02/2020