Die Rolle von Gitter- und Ortszellen sowie der Phasenpräzession für das menschliche episodische Gedächnis


Dieses Projekt zielt darauf ab, grundlegende neuronale Mechanismen der Orientierung im Raum und des episodischen, dem Bewusstsein zugänglichen Gedächtnisses anhand einzigartiger Ableitungen menschlicher Nervenzellen in vivo zu untersuchen. Mithilfe eines neu entwickelten kognitiven Paradigmas soll hierbei insbesondere die Funktion von sogenannten Gitter-Zellen („grid cells“) beim Menschen untersucht werden. Gitter-Zellen haben sich tierexperimentell als wesentliche neuronale Elemente der räumlichen Orientierung erwiesen (Hafting et al., Nature, 2005). In dem vorliegenden Projekt wird die grundlegende Hypothese untersucht, dass Gitter-Zellen nicht nur für die räumliche Navigation, sondern auch für das episodische Gedächtnis von essenzieller Bedeutung sind (Buzsáki & Moser, Nature Neuroscience, 2013). Hierzu absolvieren Epilepsiepatienten, denen zu diagnostischen Zwecken intrakranielle EEG-Elektroden implantiert wurden, ein neu entwickeltes kognitives Paradigma, welches sowohl räumliche Navigation als auch episodischen Gedächtnisabruf testet. Hierdurch wird eine detaillierte Charakterisierung der Gitter-Zellen hinsichtlich beider kognitiver Bereiche ermöglicht. Die Ableitung der Gitter-Zellen erfolgt mittels spezieller Microwire-Registrierungen im entorhinalen Kortex der Patienten. Neben Gitter-Zellen spielen auch Orts-Zellen eine entscheidende Rolle bei der räumlichen Navigation (Ekstrom et al., Nature, 2003). Deshalb soll im vorliegenden Projekt die Interaktion von Gitter-Zellen mit Orts-Zellen sowohl während der räumlichen Navigation als auch während des episodischen Gedächtnisabrufes analysiert werden. Eine Funktion der Orts-Zellen, welche sich vorwiegend im Hippocampus finden, bezüglich des episodischen Gedächtnisses wurde in einem vorherigen Forschungsprojekt der Kollaborationspartner bereits gezeigt (Miller et al., Science, 2013). Sowohl Orts-Zellen als auch Gitter-Zellen zeigen das Phänomen der sogenannten Phasenpräzession (Hafting et al., Nature, 2008). Dieses Phänomen beschreibt, dass Aktionspotenziale von bestimmten Gitter- und Orts-Zellen in Relation zu den globalen Theta-Oszillationen sukzessive früher auftreten. Es wird angenommen, dass die Funktion der Phasenpräzession darin besteht, einzelne Gedächtnisinhalte zu Sequenzen zu verbinden (Jaramillo & Kempter, Current Opinion in Neurobiology, 2017). Das in vorliegendem Forschungsprojekt neu entwickelte Paradigma ermöglicht die Untersuchung dieser Forschungshypothese.


Projektleitung
Kempter, Richard Prof. Dr. (Details) (Theorie neuronaler Systeme)

Weitere Projektmitglieder
Jacobs, Joshua Prof. Ph.D. (Columbia University)
Kahana, Michael Prof. Ph.D. (University of Pennsylvania)
Schulze-Bonhage, Andreas Prof. Dr. (Universitätsklinikum Freiburg)

Beteiligte Organisationseinheiten der HU

Mittelgeber
BMBF

Laufzeit
Projektstart: 03/2018
Projektende: 06/2021

Forschungsbereiche
Systemische Neurowissenschaft, Computational Neuroscience, Verhalten

Publikationen
M. Michalikova, M. Remme, D. Schmitz, S. Schreiber, R. Kempter.
Spikelets in pyramidal neurons: generating mechanisms, distinguishing properties, and functional implications. Rev. Neurosci., 10.1515/revneuro-2019-0044.

A. Holzbecher, R. Kempter. Interneuronal gap junctions increase synchrony and robustness of hippocampal ripple oscillations. Eur. J. Neurosci., 48: 3446-3465, 2018.

Zuletzt aktualisiert 2022-08-09 um 15:05