Asymmetrische Kunstgeschichte? Erforschung und Vermittlung prekärer Denkmälerbestände im Kalten Krieg


Die Geschichte der Kunstgeschichte unter den Bedingungen der Systemkonkurrenz nach dem Zweiten Weltkrieg ist noch weitestgehend unerforscht. Das Projekt „Asymmetrische Kunstgeschichte? Erforschung und Vermittlung prekärer Denkmälerbestände im Kalten Krieg“ möchte diese Forschungslücke ausloten und Ansätze entwickeln, um sie schrittweise zu schließen. Dazu sollen in vergleichender Perspektive Strategien der wissenschaftlichen Handhabung und populärmedialen Repräsentation nicht-systemkonformer Denkmäler im Sozialismus als ost-westlich verflochtene Diskursgeschichte untersucht werden. In der Ära des Sozialismus waren Baudenkmäler im östlichen Europa, die nicht in Verbindung mit der Geschichte der proletarischen Revolution oder Volkskultur gebracht werden konnten, wie Kirchen, Klöster, Schlösser und Herrenhäuser, mit einer doppelten Hypothek belastet: einerseits aufgrund ihrer historischen Funktion für Religion und ‚Feudalismus‘ und andererseits – insofern sie mit einer deutschen Vorgeschichte assoziiert wurden – aufgrund ihrer ‚falschen‘ Nationalität, wobei der eine Aspekt den anderen verstärkte. Für die historischen Wissenschaften stellte sich die Herausforderung, diese Denkmalbestände in das jeweils eigene nationale Kulturerbe und das zu modellierende sozialistische Geschichtsbild zu integrieren (oder sie auch daraus auszugrenzen). Dabei beeinflusste – so die Ausgangshypothese – die Notwendigkeit, den Großteil des traditionellen Gegenstandsbereichs vor allem kunsthistorischer Forschung den ideologischen Anforderungen gemäß (neu) zu bewerten, zugleich die Erkenntnisinteressen und vor allem die Entwicklung der Methoden des Fachs. Im Kalten Krieg geprägte Werteordnungen wirken dabei bis heute nach. Eng verknüpft mit der wissenschaftlichen Erforschung war die populäre Vermittlung eines sozialistisch codierten nationalen Denkmalbestands, so in Ausstellungen, Bildbänden, Reiseführern oder Filmen. Insbesondere gilt dies für jene Regionen, die nach dem Zweiten Weltkrieg neu besiedelt wurden und für die vor dem Hintergrund der Systemkonkurrenz nach Innen wie nach Außen der Legitimationsdruck einer kulturellen Aneignung umso dringlicher war.


Projektleitung
Marek, Michaela Prof. Dr. (Details) (Kunstgeschichte Osteuropas)

Mittelgeber
Sonstige Bundesministerien

Laufzeit
Projektstart: 09/2013
Projektende: 08/2015

Zuletzt aktualisiert 2022-09-09 um 01:08