"Was wäre wenn? Zur Erkenntnistheoretischen, pragmatischen, psychologischen und kulturellen Signifikanz kontrafaktischen Denkens". Teilprojekt P3 "Imagination und kontrafaktisches Wissen"


Wie in der ersten Phase des Projekts soll auch in den zweiten drei Jahren die Frage im Zentrum stehen, wie wir Wissen über kontrafaktische Szenarien haben können: Woher wissen wir, dass etwas zwar nicht wirklich der Fall ist, aber der Fall sein könnte? Und wie können wir jemals begründete Annahmen darüber machen, was geschehen wäre, wenn etwas bestimmtes anderes geschehen wäre? In der ersten Projektphase hat sich gezeigt, dass ein wichtiger Bestandteil einer systematischen Antwort auf diese Fragen darin besteht, der Imagination – d.h. dem quasi-anschaulichen Vorstellen möglicher Szenarien – eine wichtige Rolle beim Erwerb modalen Wissens zuzuweisen. Bislang gibt es aber keine überzeugende Theorie der Imagination, die erklärt, wie diese die ihr zugedachte Rolle spielen kann. In der zweiten Projektphase soll diese Forschungslücke geschlossen werden. Dabei soll zum einen allgemein untersucht werden, welche verschiedenen Formen von Imagination es gibt, wie sich Imagination von verwandten anderen mentalen Zuständen unterscheidet und in welchem Verhältnis Imagination zu wissenschaftlichen Praktiken wie der der computergestützten bildlichen Simulation steht. Zum anderen soll ein besonderer Schwerpunkt auf die Frage gelegt werden, wie sich kognitiv wertvolle Imagination von solchen Arten des kreativen Simulierens unterscheidet, denen wir keinen unmittelbaren Erkenntnisgewinn zuschreiben. Wir gehen von der Annahme aus, dass Imagination nur dann Wissen vermitteln kann, wenn sie nicht regellos verfährt, sondern durch bestimmte Mechanismen restringiert ist. Wie genau diese Restriktion für verschiedene Formen modalen Wissens aussieht und durch welche kognitiven Vermögen sie geleistet wird, ist allerdings unklar und bedarf der eingehenden Untersuchung. Wir wollen bei dieser Untersuchung auch auf eine berühmte philosophiegeschichtliche Konzeption der Imagination – nämlich Kants Theorie der Einbildungskraft – eingehen und zeigen, welche systematischen Potentiale sie für die im Moment aufkeimende gegenwärtige Diskussion über den kognitiven Wert der Imagination hat.


Projektleitung
Rosefeldt, Tobias Prof. Dr. (Details) (Klassische Deutsche Philosophie)
Dohrn, Daniel Harald Joachim PD Dr. phil. (Humboldt-Universität zu Berlin)

Mittelgeber
DFG Sachbeihilfe

Laufzeit
Projektstart: 10/2015
Projektende: 02/2021

Publikationen
Daniel Dohrn
Im Erscheinen:
Simulation and the Predictive Brain, in Behavioral and Brain Sciences.
2020 Counterfactual Conditionals. Orthodoxy and Its Challenges, erscheint bei Mimesis, Mailand.
2020. Should Special Sience Laws Be Written into the Semantics of Counterfactuals, Kairos 22, 87-108
DOI 10.2478/kjps-2019–0010
2019a.Counterfactuals vs. Conceivability as a Guide to Modal Knowledge, Philosophical Studies (online
first), https://doi.org/10.1007/s11098-019-01386-x
2019b Counterfactuals and Non-Exceptionalism about Modal Knowledge, Erkenntnis (online first)
https://doi.org/10.1007/s10670-018-0086-5
2019c. Modal Epistemology Made Concrete, Philosophical Studies 176, 2455-2475.
2018a. La fantaisie, est-elle le privilege des seuls poètes? –Moritz Schlick on a ‘Sinnkriterium’ for thought experiments, Croatian Journal of Philosophy 18, 87-101
2018b. Moral Sentimentalism in Counterfactual Contexts: Moral Properties are Response-Enabled, Philoso-phia 46, 69-82
2018c. Thought Experiments without Possible Worlds, Philosophical Studies 175, 363-384.
2017a. Nobody Bodily Knows Possibility, The Journal of Philosophy 114, 678-686.
2017b. Is There an Incremental Reading of Conditionals?, Australasian Philosophical Review 1:2, 173-178.
2017c. Presuppositional Anaphora is the Sobel Truth, in: Domaneschi, P., Pistoia Reda S., hg., Linguistic and Psycholinguistic Approaches on Implicatures and Presuppositions, Basingstoke: Palgrave McMillan, 199-238.
2016. Fiction and Thought Experiment. A Case Study, Teorema 35, 185-199
2015. Egan and Agents: How Evidential Decision Theory Could Deal with Egan’s Dilemma, Synthese 192, 1883-1908
2014. Empirie, Expertise, Analyse: Der Fall Gettier, in: Grundmann, T., Horvath., J., hg., Die experimentelle Philosophie in der Diskussion, Frankfurt: Suhrkamp, 213-234.

Tobias Rosefeldt (Projektleiter)
2019a. Kant on the Epistemic Role of the Imagination. Synthese (online first)
https://doi.org/10.1007/s11229-019-02100-4)
2019b. Kant on Imagination and the Intuition of Time, in Pollok, K, Gentry, G., hg., The Imagination in Ger-man Idealism and Romanticism. Cambridge: Cambridge University Press, 48-65.
2018. Real possibility and relation to an object. Remarks on Kant's Modal Metaphysics. European Journal of Philosophy 26, 1148-1152
2017. Counting Things that Could Exist. The Philosophical Quarterly 67/ 266, 127–147

Zuletzt aktualisiert 2025-15-02 um 19:12