Marketisation Continued? Views on Britain from History, Political Science and Economics


Der Begriff "marketisation" hat eine historische und eine sozialwissenschaftliche Dimension. In der historischem Dimension bezeichnet er die Entstehung, Verbreitung und Ausgestaltung von Märkten für Güter, Dienstleistungen und Ressourcen sowie die Durchsetzung des "cash nexus", d.h. die Vermittlung sozialer Beziehungen über Geld. Im Fall Großbritanniens weist dieser Jahrhunderte übergreifende Prozess bis in die early-modern period zurück. Die sozialwissenschaftliche Dimension umfasst "neoliberale" policies in der Gegenwartsgesellschaft wie etwa die Delegation staatlicher Kompetenzen an private Akteure (z.B. public-private partnerships) oder die Prüfung und Kontrolle von Verwaltungshandeln nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (Evaluationen, audits). In Großbritannien werden diese policies im allgemeinen als Begleiterscheinung und Folge des Thatcherismus betrachtet. Nimmt man beide Dimensionen von "marketisation" zugleich in den Blick, kommt es zur Irritation und Verfremdung mancher Standardinterpretation der britischen Gesellschaft und Politik.

Die geplante Tagung führt Historiker und Sozialwissenschaftler zusammen, um einen solchen irritierenden Austausch zu ermöglichen. Sie sollen sich zum einen mit der Frage auseinandersetzen, ob die derzeitige neoliberale Politik – historisch betrachtet –qualitativ neue Erfahrungen von "marketisiation" vermittelt oder schlicht als weiterer Entwicklungsschub eines seit Jahrhunderten wirkenden historischen Prozesses zu betrachten ist. Was tritt in dieser Politik eigentlich hervor, das "short life of social democracy" oder das "long life of market culture"? Eine zweite Frage, zu deren Klärung die Referenten beitragen sollen, bezieht sich auf die spezifischen Vorstellungen der Briten von Gleichheit und Ungleichheit, Fairness und social justice. Unterliegen diese Werte, die in der britischen Marktgesellschaft über Jahrhunderte gewachsen sind, in jüngerer Zeit Veränderungen? Wenn ja, in welche Richtung weisen die Befunde? Schließlich soll die Tagung die Reaktionsweisen der civil society auf "marketisation" in der Gegenwart thematisieren. Folgen die Briten in dieser Hinsicht gewohnten Bahnen oder wissen sie die Herausforderung in kreativer Weise anzunehmen, so wie es den Advokaten des Marktes zufolge von einer Marktgesellschaft zu erwarten ist?

Projektleitung
Eisenberg-Ditt, Christiane Prof. Dr. Prof. Dr. Christiane Eisenberg (Details) (Geschichte Großbritanniens seit der Restoration)

Mittelgeber
Fritz Thyssen Stiftung

Laufzeit
Projektstart: 05/2012
Projektende: 05/2012

Publikationen
Tagungsband in der Schriftenreihe des Arbeitskreises Deutsche Englandforschung geplant

Zuletzt aktualisiert 2022-08-09 um 03:08